Fritz Macken­sen (1866-1953), Künst­ler aus Worps­we­de

FritzMackensen
Fritz Macken­sen

Ohne ihn hät­te es die po­pu­lärs­te deut­sche Künst­ler­ko­lo­nie Worps­we­de wohl nicht ge­ge­ben: Fritz Macken­sen. Doch auf die­se un­be­streit­ba­re Tat­sa­che fällt ein Schat­ten – der ab 1889 in Worps­we­de le­ben­de Ma­ler, der für Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen wie Pau­la Mo­der­sohn-Be­cker, Cla­ra Ril­ke-West­hoff und Hein­rich Vo­ge­ler ein wich­ti­ger, wenn nicht gar der wich­tigs­te Leh­rer war, nahm in den 1920-ger Jah­ren und im Nazi-Deutsch­land eine zwie­lich­tig-de­nun­zia­to­ri­sche Rol­le ein. Macken­sen, der nach dem frü­hen Tod sei­nes Va­ters un­ter schwie­ri­gen wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen in Gree­ne bei Han­no­ver auf­wuchs, war nach sei­nem Stu­di­um in Düs­sel­dorf ein von Selbst­zwei­feln frei­er, dem Mi­li­ta­ris­mus zu­ge­neig­ter Mann, den sein Künst­ler­kol­le­ge Otto Mo­der­sohn 1894 als her­aus­for­dernd ver­let­zend, oft un­ge­bil­det und ein­ge­bil­det, als Par­venu (Em­por­kömm­ling) und Stre­ber cha­rak­te­ri­sier­te.

Für den bis zum 1. Welt­krieg wirt­schaft­lich über­aus er­folg­rei­chen Ma­ler, der ab 1908 eine Pro­fes­sur und die Lei­tung an der Groß­her­zog­lich-säch­si­schen Kunst­schu­le Wei­mar über­nahm, bra­chen in der Wei­ma­rer Re­pu­blik schwe­re, weil künst­le­risch er­folg­lo­se Zei­ten an. Ab 1919 wur­de er Mit­glied der erz­kon­ser­va­ti­ven Deut­schen De­mo­kra­ti­schen Par­tei, ab 1927 en­ga­gier­te Macken­sen sich zu­dem als Mit­glied im Stahl­helm, dem völ­kisch-an­ti­se­mi­ti­schen Kampf­bund für deut­sche Kul­tur. In Worps­we­de rich­te­te sich sein de­nun­zia­to­ri­sches En­ga­ge­ment ins­be­son­de­re ge­gen die Bar­ken­hoff-Kom­mu­ne Hein­rich Vo­gelers und die „frei­en Geis­ter“ der ört­li­chen Künst­ler­sze­ne. (1) Mit der Macht­er­grei­fung der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten sah Fritz Macken­sen neue Mög­lich­kei­ten des per­sön­li­chen Fort­kom­mens. „Für den gel­tungs­be­dürf­ti­gen so­zia­len Auf­stei­ger, der aus ein­fa­chen Ver­hält­nis­sen kam …, wa­ren Er­folg und An­er­ken­nung von über­ra­gen­der Be­deu­tung. Um­stands­los dien­te er sich dem Re­gime an, um Ein­fluss zu ge­win­nen,“ cha­rak­te­ri­siert Dr. Kat­ja Pours­hira­zi, Lei­te­rin des Over­beck-Mu­se­ums in Bre­men-Ve­ge­sack, das Ver­hal­ten Macken­sens.(2)

Im De­zem­ber 1933 be­rief ihn der Bre­mer Se­nat als Di­rek­tor der neu­en Nor­di­schen Kunst­hoch­schu­le, für die er das Kon­zept und Cur­ri­cu­lum ent­warf. In der Prä­am­bel für die im April 1934 er­öff­ne­te Hoch­schu­le schrieb Macken­sen fol­gen­des fest: „Die Nor­di­sche Kunst­hoch­schu­le ist eine staat­li­che Ein­rich­tung der Frei­en Han­se­stadt Bre­men. Sie soll, schöp­fend aus dem Ur­grund deutsch-nor­di­schen Volks­tums, mit­ar­bei­ten am Auf­bau art­ei­ge­ner Kul­tur im Sin­ne Adolf Hit­lers.“ (3) Und in sei­ner Er­öff­nungs­re­de wur­de der neue Di­rek­tor, der nach in­ter­nen Que­re­len schon im No­vem­ber 1934 wie­der von sei­nem Pos­ten frei­ge­stellt wur­de, noch deut­li­cher: „Der Ab­sturz der deut­schen bil­den­den Kunst ins We­sen­lo­se hat schon vor dem Krieg be­gon­nen und ist nach dem Zu­sam­men­bruch ins Gren­zen­lo­se ge­stei­gert. … Al­les schien ver­schüt­tet; da kam der Durch­bruch der Deutsch­gläu­big­keit Adolf Hit­lers, und nun wer­den alle Kräf­te frei, die in zä­her Ar­beit es un­ter­neh­men müs­sen, aus die­sem Sumpf der geis­ti­gen Er­kran­kung her­aus­zu­kom­men. Es liegt nichts nä­her, als das her­be nie­der­säch­si­sche Volks­tum in nie­der­säch­si­scher Land­schaft mit vor Hit­lers Wa­gen zu span­nen, in al­len Din­gen, so auch in der bil­den­den Kunst.“ (4)

Das für Macken­sen nur un­er­freu­lich kur­ze Gast­spiel an der Bre­mer Kunst­hoch­schu­le än­der­te nichts an der Stär­kung sei­ner Po­si­ti­on im Künst­ler­dorf Worps­we­de. 1936 wur­de er zum ört­li­chen Ver­trau­ens­mann der Reichs­kul­tur­kam­mer be­ru­fen, ab 1936 ku­ra­tier­te er auch Jahr für Jahr gro­ße Aus­stel­lun­gen Worps­we­der Kunst und rich­te­te fe­der­füh­rend die Nie­der­deut­schen Ma­l­er­ta­ge aus. Re­la­tiv spät trat er 1937 in die NS­DAP ein und er­hielt fort­an of­fi­zi­el­le staat­li­che Auf­trä­ge, nach­dem er schon ab 1935 für den Reichs­ar­beits­dienst und des­sen Füh­rer Kon­stan­tin Hierl ma­le­risch tä­tig war. 1941 wur­de ihm von der Reichs­kam­mer der Bil­den­den Küns­te die Goe­the-Me­dail­le für Wis­sen­schaft und Kul­tur ver­lie­hen, 1944 setz­te ihn der Reichs­mi­nis­ter für Pro­pa­gan­da und Volks­auf­klä­rung auf die Füh­rer­lis­te, die so­ge­nann­te „Gott­be­gna­de­ten­lis­te“ der 100 wich­tigs­ten deut­schen Künst­ler.

Die­se An­er­ken­nung durch die Spit­zen des Nazi-Re­gimes hin­der­te Fritz Macken­sen nach dem Zu­sam­men­bruch des Re­gimes nicht dar­an, sich am 5. April 1947 in ei­nem Brief als „Schwer Ver­folg­ter“ eben die­ses NS-Re­gimes dar­zu­stel­len. „… Der Haupt-Ent­na­zi­fi­zie­rungs-Aus­schuß Os­ter­holz hat mei­ne Ent­na­zi­fi­zie­rung be­schlos­sen, weil ich durch Do­ku­men­te den Be­weis er­bracht habe, daß ich ge­gen alle Überg­rif­fe der Par­tei ak­tiv ge­kämpft habe, 1934 aus mei­ne Stel­lung als Di­rek­tor der Hoch­schu­le für bil­den­de Kunst für den nie­der­säch­si­schen Raum des­halb ent­fernt wor­den bin und da­durch ide­ell und ma­te­ri­ell schwer ge­schä­digt wur­de, auch nach­dem ich 1938 in die Par­tei ein­ge­tre­ten bin, mich stets schüt­zend die per­sön­li­che Ge­fahr au­ßer Acht las­send, für die Nicht­mit­glie­der ein­ge­setzt habe … Ich ge­hö­re also zu der Grup­pe der von der Par­tei schwer Ver­folg­ten.“ (5)

(1): vgl.: Ka­tha­ri­na Groth in: My­thos und Mo­der­ne, Hrsg. K.Groth/​B. Her­mann, Köln 2014, S.81

(2): vgl.: Li­li­entha­ler Hei­mat­rund­blick

(3): vgl.: H.C. Kirsch, Worps­we­de, Mün­chen o.J., 1.Aufl., S. 209f

(4) vgl.: We­ser Zei­tung 9.4.1934

(5) vg.: K.Ar­tin­ger, Die ers­te Ge­ne­ra­ti­on der Worps­we­der Ma­ler und der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus in: A.Stroh­mey­er, K.Ar­tin­ger, Fr.Krog­mann  Land­schaft, Licht und Nie­der­deut­scher My­thos, Wei­mar 2000, S.167f

 

Au­tor: Pe­ter Groth

 

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Diese Seite wurde zuletzt am 26. März 2020 geändert

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