Die jüdische Familie Heidemann aus Osterholz

Die Familie Heidemann wohnte in der damaligen „Hauptstraße 16“, später umbenannt  in „Unter den Linden“, und seit dem Zusammenschluss von Osterholz und Scharmbeck „Findorffstraße“. Vermutlich um das Jahr 1733 kam Salomon Heidemann aus Delmenhorst nach Ritterhude. Auf Anlass des Präsidenten von Schade, der ihm Schutz zu verschaffen versprach, erhielt Salomon Heidemann Erlaubnis in Ritterhude zu wohnen. Er heiratete 1734 und lebte mit seiner Familie bis etwa 1762 in Ritterhude. Den Schutzbrief erhielt Salomon Heidemann 1735.

Anfang Oktober 1734 berichtete der „Comissarius fisci“ Hartwig Hintze, Heidemann habe in einer Scheune einen Judentempel eingerichtet. Später fanden Gottesdienst und Schule in der Vorstube der von Salomon Heidemann gemieteten Wohnung statt.

Von Ritterhude aus zog Sohn Abraham Heidemann  nach Scharmbeck. Dessen Sohn Josef Abraham Heidemann wurde am 9.5.1796 in Scharmbeck geboren. Er verstarb 1882 in Osterholz- Scharmbeck. Verheiratet war er mit Bele Goldschmidt . Ihre Söhne Isaak Abraham Heidemann   und Salomon Josef Heidemann   wurden in Scharmbeck geboren.

Salomon Josef Heidemann verstarb 1916 in Osterholz. Er gründete 1851 die Firma S.J.Heidemann.  Sohn David Salomon Heidemann wurde am 19.7.1852 in Osterholz geboren und verstarb am 27.21932 in Osterholz –Scharmbeck. Er führte 1893 das 1851 gegründete Geschäft mit Konfektionswaren, Kurzwaren, Wäsche, Betten und Bettfederreinigung  in der Hauptstraße 16 unter dem Namen S.J. Heidemann weiter.

1902 wurde das Geschäftshaus durch die Familie Torbohm erweitert. David Salomon Heidemanns Söhne Iwan und Alfred wurden 1914 als Gesellschafter  dieser Firma eingesetzt. David S. Heidemann war im Gemeinderat der Israeliten Gemeinde Osterholz-Scharmbeck tätig.

Iwan Josef Heidemann geboren 1883 in Osterholz heiratete Irma geb. Löwenstein. Ihr Sohn Kurt wurde am 31.05.1924 in Osterholz geboren.

Nachdem die  Familie Heidemann als Folge des Boykotts jüdischer Geschäfte 1937 gezwungen waren ihr Geschäft aufzugeben zogen Iwan und Irma mit ihrem Sohn Kurt am 2.11.1937 nach Bremen, „Außer der Schleifmühle 77“.

Das Geschäft übernahm am 2.Oktober 1937 die Familie Essens, die das Geschäft umbenannten. Fortan hieß es Bekleidung für Damen und Herren Aussteuer und Modewaren.

In der Pogromnacht zum 10.November 1938 wurde Iwan Joseph Heidemann ins KZ Sachsenhausen gebracht. Er kehrte im September 1941 aus dem KZ zurück. Kurze Zeit später mussten das Ehepaar Iwan und Irma in ein „Judenhaus, Feldstraße 27“ umziehen.

Am 18.November 1941 wurden sie mit 500 weiteren Juden aus Bremen und Umgebung ab Bremen Hauptbahnhof über Hamburg nach Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet. Vermutlicher Todestag in Minsk am 28.Juli 1942.

Alfred Heidemann, Iwans Bruder, geboren 1884 in Osterholz heiratete Grete geb. Cohn. Grete und Alfred verließen Osterholz-Scharmbeck und zogen mit ihrer Tochter Lilly nach Hamburg. Dort führten sie eine kleine Pension. Am 25.Oktober 1941 wurden Alfred und Grete Heidemann in das Ghetto Lodz deportiert. Am 19. März 1942 wurden Alfred und Grete Heidemann in Litzmannstadt/Lodz ermordet.

Ihre Tochter Lilly geboren 1920 in Osterholz konnte 1939 nach England ausreisen.

Ihr Sohn Gottfried-David geboren 1922 in Osterholz ging 1936 zu einem jüdischen Bauern nach Bremervörde. Dort erlernte er Landwirtschaft. Ihm gelang es 1940 nach Palästina auszuwandern.

Die Geschwister von Alfred Heidemann, Betty und Adolf wurden Opfer des Holocaust. Adolf Heidemann geboren am 15.08 1887 in Osterholz zog nach Hamburg. Am 6.12.1941 wurde er in das Außenlager Riga-Jungfernhof deportiert und dort ermordet. Betty Heidemann geb.1889 wurde in das Ghetto Minsk deportiert. Ihr Todesdatum: 28.07.1942

Moritz Heidemann geb.1885 emigrierte 1938 mit seiner Frau zu seinem Sohn Rolf nach Buenos Aires, Argentinien.

Überlebende der Familie Heidemann:

Kurt Heidemann, Sohn von Iwan und Irma konnte 1940 nach Palästina auswandern. Kurt heiratete und bekam einen Sohn. Kurt starb 1953 bei einem Verkehrsunfall Unfall im Kibbuz.

Lilly Heidemann, Tochter von Alfred und Grete, konnte 1939 nach England auswandern. Sie heiratete und lebte bis zu ihrem Tod 1999 in England.

Gottfried Heidemann Sohn von Alfred und Grete gelang die Flucht nach Palästina. Er nannte sich David. Gottfried heiratete und bekam 5 Kinder. Er starb im Jahr 2000 in Israel.

Autorin: Brigitte Stürmer

Die Audio-Datei ist 2023 von Schülern und Schülerinnen der IGS Osterholz-Scharmbeck (Forder-AG und Deutsch E-Kurs/Jg.13)  erstellt und auf der Webseite „Wider das Vergessen“ https://www.tanjakoenig.de/veröffentlicht worden.

 

 

Veröffentlicht am

Diese Seite wurde zuletzt am 28. Februar 2023 geändert

Ein Hinweis zu “Die jüdische Familie Heidemann aus Osterholz”

  1. Gottfried Heidemann ist 1939 zur Hachschara im Landwerk Ahrensdorf gewesen.
    August 1940 große Gruppe aus Ahrensdorf zur Vorbereitung nach Ellguth/Steinau
    August abgemeldet aus Ahrensdorf
    16.8.1940 mit dem Zug aus Deutschland fahren 350 Jugendliche und 150 Eltern, die bereits Kinder in Palästina hatten, nach Wien mit dem Ziel über die Schwarzmeerroute nach Haifa zu kommen; Reiseleiter war Efraim Frank
    30.8.1940 mit einer Gruppe von 29 Chawerim aus Paderborn offiziell abgemeldet nach „Paraguay“
    Zwei bis drei Wochen in Wien, in einer jüdischen Schule oder Lehrlingsheim
    3. 9.1940 mit dem Zug von Wien nach Pressburg/ Bratislava an die Donau;
    10.9.1940 zum Donauhafen von Bratislava; dort Verteilung der Chalutzim auf die drei Ausflugsdampfer URANUS, MELK und SCHÖNBRUNN
    10.-20.9.1940 von Bratislava nach Tulcea am Schwarzen Meer;
    Anfang Oktober 1940 werden 1000 Flüchtlinge auf die drei Schiffe SS PACIFIC, SS MILOS und SS ATLANTIC verteilt, Deutsche auf die PACIFIC, Tschechen auf die MILOS.
    Zwischenstopp im Hafen Agios Nikolaos, Kreta, um Kohle aufzunehmen
    31.10.1940 von britischer Marine aufgebracht und in den Hafen von Haifa geleitet
    1.11.1940 Ankunft der SS PACIFIC in Haifa.
    4.11.1940 Alle Passagiere der SS PACIFIC werden auf die SS PATRIA umgeschifft, dem von den Briten beschlagnahmten, als Truppentransporter umgebauten, großen französischen Frachtschiff (18 000 t)
    5.11.1940 Ankunft der tschechischen Emigranten auf der SS MILOS, die ebenfalls auf die PATRIA verbracht werden
    8.11.1940 Registrierung im Camp Atlith; gibt Gustav Loewenstein Nathania als Referenz an
    zunächst auch zur Deportation nach Mauritius vorgesehen
    23. oder 24.11.1940 Ankunft der SS ATLANTIC in Haifa
    25.11.1940 Sprengstoff-Anschlag der Haganah im Maschinenraum der SS PATRIA, zu diesem Zeitpunkt waren bereits 1771 jüdische illegale Einwanderer auf das Schiff gebracht.
    Walter Steinitz, ebenfalls aus dem Umschulungslager Paderborn kommend, berichtet:
    “ Am 25.November morgens um neun Uhr mussten alle auf die Reling, denn der Colonel hatte die Instruktion gegeben, aber um 9.12 Uhr hatte ein Kommando von 60-80 jungen Leuten ins Wasser zu springen, um die Engländer abzulenken, die mit kleinen Booten die Menschen auffischten. Zeitentsprechend zündete einer von uns eine Bombe, keine Zeitbombe, und ist mitgetötet worden. Es war der zweite Transportleiter – Hans Wendel. Niemand hatte von dieser Aktion gewußt – außer acht Leuten. Innerhalb von ein paar Minuten neigte sich das Schiff zur Seite. … Von den 4000 auf der SS PATRIA zusammengedrängten Menschen verloren etwa 260 ihr Leben.“ (ca 200 von 1771)
    Die ins Wasser gesprungenen und die an Bord Überlebenden werden als Schiffbrüchige der SS Patria von den Briten an Land gebracht.
    25.11.1940 Internierung in einer Lagerhalle im Hafen von Haifa; die von Bord gesprungenen werden in die Arrestzellen der Polizeiwache von Haifa; Serie von Verhören, insbesondere wenn sie von den Briten der Zugehörigkeit zur Haganah verdächtigt wurden.
    26.11. und 8.12.1940 die Überlebenden der SS PATRIA werden mit Bussen in das Internierungscamp Atlith verbracht;
    Dezember 1940 noch auf die Umladung wartenden 1581 Emigranten auf der MILOS und ATLANTIC werden als „Detainees“ mit holländischen Frachtschiffen nach Mauritius deportiert. Dort trafen sie am 26.12.1940 ein und wurden in das das Zentralgefängnis von Mauritius nahe Beau Bassin verbracht.
    1940 zunächst nur Freilassung kleiner Gruppen aus dem Camp Atlith, die eine Aufnahmeadresse in Palästina vorweisen können
    September -Dezember 1941 Entlassung der meisten Internierten aus dem Camp Atlith
    12.8.1945 Es sollte noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dauern, bevor die 1.310 überlebenden Flüchtlinge aus Mauritius auf der SS FRANCONIA in das ersehnte Eretz Israel gebracht werden konnten.

    1. Sehr geehrter Herr Wittstamm,

      danke für die zusätzlichen Informationen über das Schicksal von Gottfried Heidemann.

      Mit vielen Grüßen
      Manfred Bannow

  2. Hallo Brigitte

    Gottffried ist 1940 nach Palästina ausgewandert, wie es am Ende auch steht. Im Text davor ist daraus Israel geworden; das gab es 1940 so noch nicht, siehe auch WiKi.

    Mfg

    1. Hallo Herr Schomborg,
      danke für den Hinweis.
      Mit freundlichen Grüßen
      Manfred Bannow

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